Oktober
Pflanze des Monats - die Engelwurz (Angelica archangelica); Brustwurz, Erzengelwurz, Theriakwurz
Steckbrief
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
engl: angelica
Inhaltsstoffe: ätherisches Öl, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Stärke, Pektin, Furanocumarine…
Verwendete Teile: Samen, Wurzel
Sammelzeit: Wurzel im Herbst oder Frühjahr, Samen vor dem Abfallen
Vorkommen: Sonne bis Halbschatten, oft an Waldrändern
Blütezeit: Juli bis August
„Wenn du“, sagt die Engelwurz zum Wissenschaftler, „einen Menschen wiegst, vermisst und ihn in seine Bestandteile zerlegst, kannst du dann sagen, ob dieser Mensch ein Straßenräuber, ein begnadeter Musiker oder ein einfacher Schafhirte war? Kannst du eine Aussage darüber machen, wie dieser Mensch auf seine Umwelt gewirkt hat, und ob er seine Arbeit gerne gemacht und liebevoll mit seinen Enkelkindern umgegangen ist?“ „Nein“, sagt der Wissenschaftler, natürlich nicht.“
„Warum aber“, fragt die Engelwurz, „glaubst du, Wissen über uns Pflanzen zu erlangen, indem du uns zerstückelst und unsere Inhaltsstoffe analysierst?“
„Na ja, wie sonst soll ich mir Kenntnis über eure Wirkweise verschaffen?“, fragt der Mann. „Geh zu den Alten und Weisen, die werden dir berichten.“, antwortet die Engelwurz.
„Aber es gibt keine Alten und Weisen mehr.“ „Dann“, sagt die Engelwurz, „musst du selber ein Alter und Weiser werden. Setz dich doch zu mir und lass mich deine Lehrerin sein.“ Beherzt setzt sich der Wissenschaftler zur Engelwurz. Er lauscht und spürt und hört und sieht, lässt sich belehren und berichten und wird dann zu einem Alten und Weisen.
(Elisabeth Hafner, Salzburg)
Dreifaltigkeit: „Archangelica“ bedeutet „Erzengel“, und wenn man die Pflanze genau betrachtet, kann man auch leicht erkennen, wie es zu dieser Bezeichnung kommt: Der Stängel in der Mitte wächst inmitten von zwei Hüllblättern hervor, die die jungen Blüten umhüllen. Das Ganze sieht aus wie der Mantel eines Engels, der etwas Zartes beschützend umhüllt. Die Heilkraft der Angelika ist so groß und umfassend, worauf auch die Bezeichnung „Erzengel“ hindeutet, denn ein „gewöhnlicher“ Engel reicht nicht aus, um ihre Heilkraft auszudrücken.
Sonnen-Pflanze: Ähnlich wie das Johanniskraut ist auch diese Pflanze eine ausgesprochene Lichtpflanze, die vor Lebenskraft strotzt, viel Lichtenergie und Wärme enthält und im Zeichen des Löwen steht. Mit der Kraft des Löwen kann sie die hartnäckigsten Krankheiten und Seuchen besiegen und auch auf der psychischen Ebene Zustände der Angst, Sorgen, Verzweiflung und Depression lindern. Bei inneren als auch äußeren Anwendungen mit Angelika kann es aufgrund ihrer hohen Lichtkraft zu Photosensibilisierung kommen, d.h. man wird lichtempfindlicher und sollte keine Sonnenbäder nehmen oder sich intensiver UV-Strahlung aussetzen. Vor Anwendungen während der Schwangerschaft ist abzuraten.
Angstwurz: Die Angelika hat den Beinamen „Angstwurz“, weil sie für Menschen, die von Mutlosigkeit, Angst und Depressionen geplagt werden, eine wirksame Hilfe sein kann. Auch soll die Wurzel, als Amulett getragen, das Lampenfieber vor Prüfungen oder Auftritten verringern.
Nerven-Wurz: Die Engelwurz ist ein ausgesprochenes Stärkungsmittel bei Nerven-Beschwerden aller Art. Äußerlich kann sie als Badezusatz oder in Form einer Salbe angewendet werden und hilft dabei besonders bei Nervenschmerzen, Rheuma, Lähmungen und Gicht. Auch innerlich als Tee oder Tinktur angewendet ist sie als nervenstärkendes Mittel sehr wirksam und lindert Nervosität.
Brustwurz: Der Tee oder die Tinktur unterstützen die Heilung von Brust- und Bronchialleiden und stärken das Lungengewebe, auch bei Lungenentzündungen oder chronischem Husten. Die Pflanze hat auswurffördernde Kräfte.
Magenbitter: Angelika ist aufgrund ihres hohen Anteils an Bitterstoffen ein wichtiger Bestandteil von Magen- und Verdauungselexieren. Angelika in Wein oder Schnaps angesetzt ist eine gute Verdauungshilfe und gleicht Unstimmigkeiten im Bereich Magen, Verdauung, Galle aus. Die Engelwurz ist zum Beispiel auch Bestandteil des Schwedenbitters und des Chartreuse-Likörs und anderer Kloster-Liköre.
Anti-Pest-Wurz: In Zeiten der Seuchen, insbesondere in Pest-Zeiten, hat man sich vor Ansteckung durch die Einnahme und das Einatmen von keimtötenden Pflanzenstoffen geschützt, darunter die Engelwurz. Es gibt eine Legende, wonach es im Frankreich des 17.Jhdt, als die Pest wütete, 4 Räubern gelungen ist, Häuser der Pestkranken zu plündern, ohne sich jemals anzustecken. Nachdem man sie gefasst hatte, wurden sie vor Gericht gestellt, mit der Aussicht auf Freilassung, wenn sie ihr Geheimnis verraten würden, wie sie es geschafft hatten, sich nicht anzustecken. Das geheime Mittel war der „Essig der vier Räuber“, in Essig ausgezogene keimtötende Kräuter, wobei ein Bestandteil die Angelika bildete.
Auch heute noch soll man in Erkältungszeiten Angelika bei sich haben, die Angelika-Wurzel kauen oder als Tee trinken, um einer Ansteckung vorzubeugen. Angelika gilt allgemein als Stärkungsmittel bei Schwächezuständen physischer und psychischer Art, z.B. nach Operationen, zur Stärkung des Immunsystems und zur Entgiftung und Reinigung des gesamten Organismus – auch bei Alkohol- und Nikotin-Vergiftungen.